Als Führungskraft oder Unternehmer kennen Sie das: Sie investieren in neue Technologien, fördern Brainstorming-Sessions und fordern Ihr Team auf, „out of the box“ zu denken. Doch am Ende des Tages versanden die besten Ideen, die Motivation sinkt und echter Fortschritt bleibt aus. Sie stoßen gegen eine unsichtbare Wand.
Woran liegt das?
Eine brandaktuelle Studie hat über 130 wissenschaftliche Arbeiten der letzten 27 Jahre analysiert, um genau diese Frage zu beantworten. Die Antwort ist so einfach wie brutal: Es ist Ihre Kultur. Genauer gesagt, ob Ihre Organisation ein Nährboden für Wachstum oder eine schleichende Innovationsbremse ist.
Lassen Sie uns die Fakten auf den Tisch legen und schauen, was das konkret für Sie und Ihr Unternehmen bedeutet.
Zwei Welten: Die Anatomie positiver und negativer Organisationen
Die Forscher machen eine glasklare Unterscheidung zwischen zwei fundamental verschiedenen Typen von Organisationen. Erkennen Sie sich wieder?
1. Die Positive Organisation: Der Nährboden für Innovation
Stellen Sie sich ein Gewächshaus vor. Hier herrschen optimale Bedingungen, damit Ideen sprießen und wachsen können. Eine positive Organisation ist genau das. Sie zeichnet sich aus durch:
- Psychologische Sicherheit: Mitarbeiter haben keine Angst, Fehler zu machen oder verrückte Ideen zu äußern. Fehler werden als Lernchancen gesehen, nicht als Grund für Tadel.
- Kollaboration & Transparenz: Wissen wird geteilt, nicht gehortet. Teams arbeiten miteinander, nicht gegeneinander. Entscheidungen sind nachvollziehbar.
- Wertschätzung & Vertrauen: Die Beiträge jedes Einzelnen werden gesehen und gewürdigt. Die Führung vertraut ihren Mitarbeitern und gibt ihnen Autonomie.
- Sinnorientierte Führung: Das „Warum“ hinter der Arbeit ist allen klar. Die Führung inspiriert und befähigt, anstatt nur zu kontrollieren und zu verwalten.
Das Ergebnis? Ein Umfeld, in dem Kreativität gedeiht, Mitarbeiter motiviert sind, die Extrameile zu gehen, und Innovation ein natürlicher Teil des Alltags ist.
2. Die Negative Organisation: Die schleichende Innovationsbremse
Das Gegenteil ist ein Sumpf. Hier ist der Boden schwer, die Luft steht, und alles, was neu ist, versinkt langsam im Morast. Eine negative Organisation erstickt Fortschritt durch:
- Interne Konflikte & Machtspiele: Abteilungen arbeiten gegeneinander. Entscheidungen werden nicht im Sinne des Unternehmens, sondern zur Sicherung der eigenen Macht getroffen.
- Widerstand gegen Veränderung: Das Mantra lautet: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Neue Ideen werden als Bedrohung für den Status quo gesehen und aktiv blockiert.
- Toxische Führung & Neid: Führungskräfte kontrollieren, kritisieren und demotivieren. Innovative Mitarbeiter, die herausstechen, werden nicht gefördert, sondern als Konkurrenz gesehen und ausgebremst.
- Fehlende Vision & Misstrauen: Es gibt keine klare Richtung. Das Management misstraut den Mitarbeitern, was zu Mikromanagement und einer Kultur der Angst führt.
Das Ergebnis? Die besten Talente verlassen frustriert das Unternehmen. Die verbleibenden Mitarbeiter leisten Dienst nach Vorschrift. Innovation ist ein Fremdwort, und das Unternehmen verliert schleichend seine Wettbewerbsfähigkeit.
Ihr Weg zur positiven Innovationskultur: 3 sofort umsetzbare Handlungsfelder
Die gute Nachricht ist: Kultur ist kein Schicksal. Sie wird von Menschen gemacht – allen voran von Ihnen als Führungskraft. Hier sind drei konkrete Hebel, die Sie sofort in Bewegung setzen können:
Handlungsfeld 1: Kommunikation radikal neu denken
- Kommunizieren Sie das „Warum“: Erklären Sie nicht nur, was getan werden muss, sondern warum es wichtig ist. Verbinden Sie die tägliche Arbeit mit der übergeordneten Vision.
- Etablieren Sie eine offene Fehlerkultur: Seien Sie der Erste, der eigene Fehler zugibt. Sprechen Sie offen darüber, was daraus gelernt wurde. Schaffen Sie Formate (z. B. „Fuckup Nights“), in denen Scheitern entstigmatisiert wird.
- Hören Sie aktiv zu: Nehmen Sie sich bewusst Zeit für die Anliegen und Ideen Ihrer Mitarbeiter – auch für die kritischen. Eine offene Tür ist gut, ein proaktiv suchendes Ohr ist besser.
Handlungsfeld 2: Strukturen schaffen, die Innovation belohnen
- Schaffen Sie Freiräume: Geben Sie Ihren Teams Zeit und Budget, um an eigenen Ideen zu arbeiten (wie Googles berühmte „20-Prozent-Regel“). Nicht jede Minute muss verplant und effizient sein.
- Belohnen Sie Initiative, nicht nur Ergebnisse: Würdigen Sie Mitarbeiter, die mutig neue Wege gehen, auch wenn das Projekt am Ende nicht den gewünschten Erfolg bringt. Der Versuch zählt!
- Bauen Sie Silos ab: Fördern Sie aktiv die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen durch interdisziplinäre Projekte und gemischte Teams.
Handlungsfeld 3: Der ehrliche Realitätscheck
Nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit und beantworten Sie diese Fragen so ehrlich wie möglich. Besser noch: Diskutieren Sie sie mit Ihrem Führungsteam.
- Wie wird bei uns mit Fehlern umgegangen? Werden sie vertuscht oder als Lernchance gefeiert?
- Werden bei uns neue Ideen spontan gefeiert oder erst einmal misstrauisch beäugt („Wer soll das machen?“, „Dafür haben wir kein Geld“)?
- Verbringen unsere besten Leute ihre Zeit damit, innovative Arbeit zu leisten oder sich in interner Politik zu verstricken?
- Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, fragen wir uns dann, was wir hätten besser machen können?
Ihre Antworten auf diese Fragen sind Ihr Kompass. Sie zeigen Ihnen, wo Sie stehen und wo die dringendsten Baustellen sind.
Fazit: Kultur ist keine Option, sie ist Ihr Betriebssystem
Die Studie bestätigt, was viele von uns im Bauch fühlen: Unternehmenskultur ist kein „weiches“ Thema für die Personalabteilung. Sie ist das Betriebssystem Ihres Unternehmens. Ein veraltetes, virenverseuchtes System wird jede noch so brillante neue Software (Innovation) zum Absturz bringen.
Die Entscheidung, aktiv eine positive, auf Vertrauen und Wachstum basierende Kultur zu gestalten, ist die wichtigste strategische Entscheidung, die Sie für die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens treffen können.
Ausblick:
Doch was, wenn Sie bei der Selbstreflexion schmerzhafte Merkmale einer negativen Organisation bei sich erkennen? Insbesondere das Thema „toxische Führung“ ist ein stiller Killer für Motivation und Fortschritt. Im nächsten Artikel zeige ich Ihnen, wie Sie toxische Muster bei sich und anderen Führungskräften erkennen und welche konkreten Schritte Sie einleiten können, um gegenzusteuern. Bleiben Sie dran!
Quelle: Machado, D., Pereira, J., José, R., Palma-Moreira, A., & Au-Yong-Oliveira, M. (2025). Mapping the landscape of positive and negative organizations in innovation implementation. Frontiers in Communication, 10, 1577944.
Michael Deutschmann, MSc
Zert. Change-Manager, Akad. Mentalcoach & Supervisor
Persönlichkeits-, Team- & Organisationsentwicklung
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Ötztal | Tirol
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Herzliche Grüße
Michael Deutschmann, MSc
Akad. Mentalcoach & Supervisor